Benjamin Mitsch
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Sehr geehrte Damen und Herren,
ich war am 23.09.2023 auf einer Hochzeit eingeladen, die in Ihrer Kirche stattfand. Leider ist der ursprünglich vorgesehene Pfarrer aus privaten Gründen ausgefallen, und es gab einen kurzfristigen Wechsel, was grundsätzlich verständlich ist. Allerdings kam es während der Zeremonie zu mehreren Vorkommnissen, die absolut nicht tragbar sind. Der neue Pfarrer war Herr Hipp, an den ich diese Nachricht ebenfalls richte.
Die Braut, wie viele andere Bräute sicherlich auch, verspätete sich aus nicht absehbaren Gründen. Man konnte ihr die Unannehmlichkeiten und ihre Aufregung ansehen. Anstatt Verständnis und Empathie zu zeigen, schien der Pfarrer es für angebracht zu halten, die junge Dame an ihrem Hochzeitstag vor ihren gesamten Bekannten und ihrer Familie zu maßregeln. Wortwörtlich sagte er, dass solch ein Verhalten untragbar sei und dass er solche Menschen nicht einstellen würde, wenn er Arbeitgeber wäre. Ebenso wies er sie darauf hin, wie unangemessen ihr Verhalten sei. Die Braut versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, konnte aber kurz darauf ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie entschuldigte sich, was aber scheinbar nicht genug war.
Statt dass der Pfarrer an dieser Stelle zur Einsicht gekommen wäre, musste er noch zwei weitere Male auf das Thema zurückkommen und kurz vor Ende sogar noch einmal mitten in der Zeremonie betonen, dass dies etwas mit Anstand zu tun habe und man Menschen nicht warten lassen solle. Ich empfand dieses Verhalten mehr als unverschämt und unangemessen. Ist es nicht gerade in der Kirche von Bedeutung, Vergebung und Mitgefühl zu zeigen? War es nicht möglich, seinen eigenen Ärger für sich zu behalten? Musste man die Braut ausgerechnet an ihrem Hochzeitstag zum Weinen bringen? In meinen Augen entspricht dies nicht dem Verhalten eines gütigen oder verständnisvollen Menschen und passt sicherlich nicht zu einer Kirche.
Erinnert uns die Kirche nicht gerade in solchen Momenten daran, wie wichtig Güte, Vergebung und das Zügeln unseres eigenen Ärgers sind?
Der Pfarrer sollte sich bewusst sein, dass eine junge Frau im Alter von 23 Jahren, die den heiligen Bund der Ehe eingeht, mehr als nur ein wenig nervös ist und sich sicherlich keine Verspätung an dem für sie wichtigsten Tag in ihrem Leben wünscht. Wir können davon ausgehen, dass unvorhergesehene Umstände zu dieser Verspätung geführt haben, aber sicherlich lag dies nicht in der Schuld der Braut oder ihrer Absichten.
Es ist für mich bis heute absolut unverständlich, wie man eine junge Braut zum Weinen bringen kann und nicht einmal dann die Sache zumindest ruhen lassen kann, sondern sogar noch einmal auf die Frau einwirken muss. Solch ein Verhalten sollte in keiner Weise geduldet werden.
Mit freundlichen Grüßen,